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Konjunktiv, Konjunktivformen, Gebrauch, Indikativ, Deutsch
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Im Mittelpunkt / 04. Juli 2024

Warum ist der Konjunktiv vom Aussterben bedroht?

Die meisten von unseren Lesern dürften von dem Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ bereits gehört haben. Es ist demnach kein Geheimnis mehr, dass der Genitiv vom Aussterben bedroht ist. Im folgenden Beitrag geht es jedoch nicht um den Genitiv, sondern um den Konjunktiv, den ein ähnliches Schicksal ereilt. Gebrauchen Sie noch den Konjunktiv oder haben Sie ihn bereits zusammen mit dem Genitiv beerdigt? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar.

 

Die Konjunktivformen sind schwierig, meist unvertraut, man kann leicht einen Fehler machen oder maniriert klingen. Andererseits kann man mit dem Konjunktiv Dinge ausdrücken, wie sie das Englische ohne den Konjunktiv nicht sagen kann. Im Deutschen unterscheiden wir zwischen dem Konjunktiv I und Konjunktiv II. Vor allem Letzteren ereilt jedoch ein ähnliches Schicksal wie der Genitiv, denn der Konjunktiv II ist vom Aussterben bedroht. Daher dachten wir uns, dass ihm ein Artikel gebührt. Vielleicht können wir somit dafür sorgen, dass wenigstens unsere Leserschaft den Konjunktiv nicht frühzeitig zu Grabe trägt.

 

Indikativ und Konjunktiv – warum wir den Konjunktiv eigentlich bräuchten

„Er behauptete, dass es schon dunkel ist/sei“. Mit dem Indikativ erzielt man eine andere Bedeutung als mit dem Konjunktiv: „Er berichtet, dass der Flug Verspätung hat“ (der Sprecher ist davon überzeugt). „Er berichtet, dass der Flug Verspätung habe“ (der Sprecher weiß nicht, ob er das glaubt). Wir gebrauchen den Konjunktiv anstelle des geforderten Indikativs in Wendungen wie „Das haben/hätten wir geschafft. Da sind/wären wir endlich. Ich würde sagen“. Es setzt sich häufig die Umschreibung des Konjunktivs mit einem anderen Konjunktiv durch: mit würde, dem Konjunktiv II von werden. „Die Kanzlerin sagt, unserem Land würden schwierige Zeiten bevorstehen“ anstatt „Die Kanzlerin sagte, unserem Land stünden schwierige Zeiten bevor“ oder „Die Kanzlerin sagte, unserem Land ständen schwierige Zeiten bevor“. 

Den Konjunktiv I verwenden wir für die indirekte Rede. Doch in vielen Fällen könnte man auf ihn verzichten und leider geschieht das auch: „Susi meinte, der Lehrer sei eine Null“. Der Konjunktiv sei kennzeichnet die indirekte Rede, die bereits durch meinte gekennzeichnet wurde. Somit reicht meist das alltägliche „Susi meinte, der Lehrer ist eine Null“ aus, um die indirekte Rede zu verdeutlichen.

Im Alltag wird der Konjunktiv daher oft als überflüssiges Kennzeichen der indirekten Rede betrachtet. Üblich ist der Konjunktiv I vor allem in Rezepten, festen Wendungen und Aufgabenstellungen: „Man nehme eine Prise Salz“ oder „Gegeben sei ein gleichschenkliges DreieckoderLang lebe der König“.  

In einigen Fällen kann man den Konjunktiv II anstatt Konjunktiv I verwenden. „Er lief, als gehe es um sein Leben“ (Konjunktiv I) versus „Er lief, als ginge es um sein Leben“ (Konjunktiv II). Man kann den Konjunktiv aber auch ganz durch übliche Umschreibungen ersetzen: sie solle hereinkommen statt sie komme herein.

Vor allem der Irrealis oder Konjunktiv II wird immer seltener.

 

Ist der Konjunktiv II so fürchterlich?

In einem anderen Artikel haben wir Ihnen bereits die fürchterlichsten Formen des Konjunktivs vorgestellt. Doch ist er wirklich so schrecklich? Manche Konjunktivformen sind in der Hochsprache noch geläufig (z.B. ich nähme, ich gäbe, ich täte). Trotzdem klingen viele Formen des Konjunktiv II altmodisch und man läuft häufig Gefahr, sich damit lächerlich zu machen.

  • Ich erkennte die Lüge.
  • Ich hülfe ihr im Stall.  
  • Ich wüsche das Auto.

Im Alltagsgebrauch wird der Konjunktiv II häufig durch würde ersetzt: ich würde waschen statt ich wüsche oder ich würde helfen statt ich hülfe. Obschon einige Formen aktuell noch vor dem Untergang geweiht sind (wäre, hätte, könnte, müsste, dürfte), verliert täte gegen würde tun. Der Konjunktiv II stellt interessante Formen bereit, trotzdem ist es verständlich, dass diese leider durch Konstruktionen mit „würde/n“ ersetzt werden.

 

  • früge (fragen)
  • klömme (klimmen)
  • mölke (melken)
  • schünde (schinden)
  • tröffe (triefen)
  • wöge (wiegen)
  • sönne (sonnen)
  • stöhle (stehlen)

Bei anderen Verben stehen sogar zwei Konjunktivformen nebeneinander: ich schwämme oder schwömme, ich empfähle oder ich empföhle. Auch stehen kann den Konjunktiv auf ü oder ä bilden: ich stünde oder ich stände.

Darüber hinaus gibt es zwei Verben, die im Imperfekt und im Konjunktiv II zwar gleich geschrieben werden, aber anders ausgesprochen werden: schreien – ich schrie wird im Konjunktiv II zu ich schrie mit einem hörbarem e. Ebenso bei speien, ich spie, ich spie.

 

Gebrauchen wir denn Konjunktiv überhaupt noch?

Es ist traurig, aber wahr, denn wir gebrauchen den Konjunktiv nur noch da, wo Formen nicht mit den Formen des normalen Indikativs übereinstimmen, also er sei, er mache, ihr suchet oder sie habe.

Das geht aber nicht bei ihr findet, da diese Form mit dem Indikativ übereinstimmt. Daher sind Mischformen aus Konjunktiv I und II üblich. Lediglich sein können wir durchgehend im Konjunktiv I verwenden, da alle Formen von sein eindeutig sind. In manchen Fällen besteht zwischen dem Konjunktiv I und dem Konjunktiv II nur ein formaler Unterschied: gelte (Konjunktiv I) und gälte (Konjunktiv II).

Demnach ist der Konjunktiv I und II ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Grammatik und Sprache, dem nach wie vor ein wenig Aufmerksamkeit gebührt. Nichtsdestotrotz ist die Konjunktivitis eine ernstzunehmende Krankheit, die sich langsam ausbreitet und schleichend verläuft. 

 

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