In Italien gibt es viele deutsche Sprachinseln. Eine davon ist das Felsentalerische im Fersental oder Valle dei Mocheni wie die Italiener es nennen. Die genaue Übersetzung von Fersental ist jedoch Valle del Fersina. Die Einheimischen bevorzugen aber den Namen „Bersntol“. Die Bezeichnung Valle dei Mocheni umfasst jedoch zwei Begriffe unterschiedlicher Art: Die geographische Bezeichnung „valle“ für Tal und Mocheni, das wiederum die ansässige Bevölkerung bezeichnet.
Wie kam die deutsche Sprache in das Fersental?
Die Gründung des Fersentals fand zwischen den Jahren 1250 und 1320 statt, wobei die Siedler des 13. Jahrhunderts unter der Bezeichnung „teutonisch“ oder „alemannisch“ geführt wurden. Daher nimmt man an, dass ihre Sprache eine Dialektform des Deutschen ist. In den folgenden Jahrhunderten erfolgte kein Austausch mit anderen Siedlern anderer Herkunft, wodurch keine Änderung der Sprache stattfand. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts festigte sich die Sprache weiterhin. Da im Fersental nur ein geringes Einkommen zu erwirtschaften war, betrieben die meisten Männer seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert Wanderhandel und übten den Beruf im gesamten Gebiet der Habsburgermonarchie aus. Durch den Handel (hondl) der Krämer (krumer) mit anderen Volksgruppen ähnlicher Sprachen (Deutsch) und Kontakte zu nahegelegenen Orten erlernten sie jedoch auch die Sprache der Nachbarorte (z.B. den Trentiner Dialekt).
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Fersental im Jahre 1919 italienisch. Eine gravierende Veränderung trat erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, nachdem Probleme nationalsozialistischer Art entstanden. Im Zuge dessen hielt die italienische Sprache Einzug in Bildung und Öffentlichkeit. Während des Faschismus wurden die deutschen Schulen, die es seit 1868 gab, geschlossen. Obschon die Möglichkeit nur für Südtiroler bestand, wurden 1942 über 500 Felsentaler nach Hallein bei Salzburg, Schlesien und Böhmen ausgesiedelt.
Die Fersentaler Sprache damals und heute
Die deutsche Mundart des Fersentals – das Fersentalerisch – gilt als eine Alttiroler Mischmundart, die sich durch eine eigenständige Entwicklung des Lautstands und Wortschatzes auszeichnet. Ferner unterscheidet sie sich vom Zimbrischen, einer weiteren deutschen Sprachinsel in Italien, allerdings sind gewisse Einflüsse zu erkennen.
Im Jahre 2011 wurde eine Volkszählung durchgeführt, bei der festgestellt wurde, dass rund 1.600 Menschen sich als Angehörige der Fersentaler Sprachminderheit verstehen. Heute ist die Sprache durch verschiedene Faktoren vom Aussterben bedroht. Unter anderem auch, da viele Einheimische aufgrund besserer Einkommensaussichten in die naheliegenden Städte pendeln und umsiedeln.
Im Felsental gibt es Kindergärten und Grundschulen, in denen neben Italienisch auch Deutsch und Fersentalerisch gesprochen wird. Allerdings ist die Zeit für das Fersentalerische begrenzt und einige Fächer werden auf Deutsch unterrichtet. Doch sobald die Kinder in die weiterführenden Schulen in Pergine gehen, verliert sich das Fersentalerische.
Seit Ende der 80er Jahre sind die deutschen Sprachinseln in Trentino geschützt. Man erkannte, dass das „Bersntolerische“ zwar einst zum deutschen Sprachraum gehörte, aber weder Deutsch noch Bairisch oder ein Dialekt ist, sondern eine eigene Sprache, die aus verschiedenen Mundarten entstanden ist. Daher versuchen Museen, Schulen und Kulturinstitute, das Fersentalerische zu erhalten. Mittlerweile haben die Fersentaler auch ein eigenes Wörterbuch und eine eigene Grammatik.
Quellen:
Alle Artikel über Sprachinseln in unserem Blog
- Küchendeutsch – Wo spricht man so?
- Kleine Sprachinseln – Texasdeutsch in den USA
- Unserdeutsch – Wo spricht man so?
- Sprachinseln in Europa: Das Donauschwäbisch oder Banatschwäbisch
- Sprachinseln in Europa: Siebenbürgisch-Sächsisch
- Kleine Sprachinseln: Wo spricht man Deutsch in Italien?
- Sprachinseln in Europa - Banater Berglanddeutsche
- Sprachinseln in Europa: Sloweniendeutsche
- Sprachinseln in Südamerika: Deutsche in Brasilien
- Sprachinseln: Mattenenglisch