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Grammatik / 19. Oktober 2017

„Diesen Jahres“ oder „dieses Jahres“ – Der verflixte Genitiv

Selbst wenn die Medien stolz eine neue Rentenreform verkünden, welche Ende „diesen Jahres“ in Kraft treten soll, dann mag dies inhaltlich korrekt und gegebenenfalls erfreulich sein, aber grammatikalisch ist es falsch. Doch nicht nur in den Medien wird einem der verflixte Genitiv falsch um die Ohren geschlagen, sondern auch im alltäglichen Sprachgebrauch sind Muttersprachler sichtlich verwirrt.

Nicht selten hört man daher Formulierungen, wie beispielsweise „Ende diesen Sommers fliegen wir wieder in den Urlaub“. Korrekt wäre natürlich „dieses Jahres“ und „dieses Sommers“.

Doch woran liegt es, dass das halbe Land inklusive seiner Journalisten beim Gebrauch des verflixten Genitivs völlig aus dem Konzept gebracht wird?

Bastian Sick pflegt an dieser Stelle zu sagen: „Journalisten rechnen immer mit dem schlimmsten Fall, nur nicht mit dem zweiten.“

Falscher Analogieschluss

Allerdings ist dieser Fehler nicht unbedingt unlogisch, denn im Grunde machen die meisten Muttersprachler etwas Unbewusstes: sie bilden die Form analog zu einer ähnlich klingenden Phrase. Es entsteht demzufolge ein Konflikt zwischen grammatischer Norm und unbewusstem Sprachgebrauch.

Setzt man ein Adjektiv vor das Wort „Jahr“, erhält man die folgenden grammatikalisch korrekten Formen:

  • Seit März letzten Jahres
  • Ab Mai nächsten Jahres
  • Ab April kommenden Jahres
  • Seit November vergangenen Jahres
  • Zu Beginn letzten Jahres

Die Eselsbrücke

Zur Überprüfung kann man „des“ vor das entsprechende Adjektiv setzen, demzufolge kann man „seit November des vergangenen Jahres“ sagen, aber nicht „des diesen Jahres“. Dies geht jedoch nicht bei einem Demonstrativpronomen. Streng nach Grammatiknorm muss es daher auch „dieses Jahres“ heißen, denn das Demonstrativpronomen wird wie der bestimmte Artikel dekliniert. Der Genitiv des sächlichen Demonstrativpronomens „dieser“ und der des männlichen Demonstrativpronomens „dieser“ ist in beiden Fällen „dieses“. Dasselbe gilt für „jenes“ und „jeder“. Demgemäß heißt es auch „im Herbst jenes Jahres“ oder „zu Beginn jenes Jahres“.

Fazit

Die Formulierung „diesen Jahres“ hat sich nicht nur gekonnt in den alltäglichen Sprachgebrauch etabliert, sondern hat auch Einzug in den journalistischen Schriftsprachgebrauch gefunden. Daher scheint der falsche Gebrauch des Genitivs grundsätzlich akzeptiert zu sein und kann somit als Bagatelle abgetan werden. Doch all diejenigen, die gerne auf grammatikalische Correctness setzen, sollten strikt nach geltender Grammatiknorm verfahren und die Formulierung „dieses Jahres“ gebrauchen.

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