In vielen germanischen Sprachen, wie beispielsweise im Englischen oder Schwedischen, gibt es lediglich ein Tempussystem für Sprech- und Textarten. Die deutsche Sprache hat aber drei verschiedene Tempussysteme:
- Das gesprochene Deutsch
- Das literarische Deutsch (Schriftdeutsch oder Literatursprache)
- Das nichtliterarische Schriftdeutsch
Das gesprochene Deutsch
Im alltäglichen Sprachgebrauch werden alle Handlungen und Zustände, die in der Vergangenheit endeten, durch das Perfekt ausgedrückt:
- Ich habe gelesen.
- Ich bin Auto gefahren.
Sachverhalte, die nicht eindeutig in der Vergangenheit geschahen, stehen im Präsens. Hierunter fallen einerseits Aussagen und Situationen, die sich gerade im Moment ereignen:
- Ich fahre gerade Auto.
Andererseits wird das Präsens gebraucht, wenn etwas als grundsätzlich oder zeitunabhängig gilt:
- Wien ist die Hauptstadt Österreichs.
- Herr Schmitt ist Geschäftsführer.
Literarisches Deutsch (Literatursprache)
Als Literatursprache bezeichnet man eine Sprachform innerhalb einer Sprache, welche sich hinsichtlich der Merkmale von der gesprochenen und sonstigen geschriebenen Sprache anderer Textgattungen (z.B. Alltagsliteratur) unterscheidet. Zum einen wird die Literatursprache als verbindliche Norm – auch Standardsprache – betrachtet, und zum anderen als Sprache der Belletristik und Poesie.
Eines der charakteristischen Hauptmerkmale der Literatursprache ist die Erzählstimme, die grundsätzlich im Präteritum steht. Dabei verrichtet das Präteritum gleichzeitig dieselbe Aufgabe wie das Präsens der gesprochenen Sprache. Durch den Gebrauch des Präteritums verlagert sich die Erzählzeit des Romans, sodass die erzählte Zeit zur Gegenwart und Wirklichkeit der Geschichte wird. Somit können die Leser unmittelbar am Geschehen des Romans teilhaben, selbst wenn die Handlung in der fernen Vergangenheit spielt.
denn auch hier wird das Präteritum verwendet.
Liegt eine Handlung jedoch im Bezug zur erzählten Zeit in der Vergangenheit, wird das Plusquamperfekt als Vergangenheitstempus des Romans gebraucht:
- Kurz nachdem sie eingeschlafen war, sprang die Katze aus dem Fenster. (Plusquamperfekt)
stellt man fest, dass das Plusquamperfekt damals nicht gebraucht wurde.
In der klassischen Dichtung herrschte stets das Präteritum vor.
Literatur im Präsens
Doch nicht nur das Präteritum kommt als Erzähltempus in der Literatur vor, sondern auch das Präsens. Dabei wird die Vergangenheit im Perfekt und nicht im Plusquamperfekt gebildet:
- Nachdem er lange Zeit Auto gefahren ist, hält er endlich an, um Pause zu machen.
Weitere Merkmale der Literatursprache
- Die gesprochene Sprache wird nur eingeschränkt genutzt.
- Das Gewöhnliche wird vermieden und durch den Gebrauch seltener, schöner Begriffe ersetzt.
- Spielerischer Umgang mit Sprache, Rhythmus und Repetition.
- Verwendung sprachlicher Mittel (Metapher, Allegorie, Anapher, Ironie, Tautologie, Oxymoron).
Fazit
Im Deutschen unterscheidet sich die literarische Sprache von der gesprochenen Sprache insbesondere hinsichtlich der Verwendung des Tempus. Die Erzählstimme steht grundsätzlich im Präteritum.