Als Deutschbrasilianer oder Brasilianer deutscher Abstammung werden die Einwohner Brasiliens mit deutschen Wurzeln bezeichnet. Dabei erfolgt die Einordnung nach Sprache, Ethnie, Nationalität oder Geburtsland.
Rio Grande do Sul, Santa Catarina, Paraná, São Paulo und Espírito Santo.
Man schätzt die Anzahl der deutschstämmigen Brasilianer auf 2 bis 5 Millionen. Man geht aber davon aus, dass bis zu 12 Millionen Brasilianer teilweise deutsche Vorfahren haben. Etwa 600.000 Menschen sprechen Deutsch (meist auch Portugiesisch) als Muttersprache. In Santa Catarina und Rio Grande do Sul sind rund 40% der Bevölkerung Deutschbrasilianer.
Der Erhalt der deutschen Sprache
Rund eine halbe Million Personen sprechen Deutsch als Muttersprache, doch benutzen das Portugiesische als Alltagssprache. Viele Deutschbrasilianer sprechen überhaupt kein Deutsch. In Brasilien sprechen Deutschbrasilianer verschiedene deutsche und niederdeutsche Dialekte: Riograndenser Hunsrückisch, Plautdietsch und Schwäbisch. Durch Estado Novo wurde unter Getúlio Vargas (1937–1954) in Brasilien die Verwendung anderer Sprachen an Schulen und in der Öffentlichkeit verboten.
Einwanderung nach Brasilien
Integrationsprobleme, Leistungsdifferenzen in der Schule, Ghettoisierung und der kulturelle Einfluss des neuen Heimatlandes: Was nach einer aktuellen Immigrationsdebatte in Deutschland klingt, wurde bereits um 1900 in Brasilien in Bezug auf die deutsche Einwanderung diskutiert. In Brasilien ließen sich zwischen 1824 und 1945 etwa 220.000 Deutsche nieder und gründeten große Familien. Somit stellten sie bald rund ein Drittel der Bevölkerung Brasiliens dar.
Zunächst stand Brasilien der europäischen Einwanderung positiv gegenüber, um die besiedelten Gebiete zu erschließen und die Gesellschaft „aufzuweißen“. Dies war die Meinung der brasilianischen Elite, welche die afrobrasilianische Prägung im Land verhindern wollte. Doch bereits um das 19. Jahrhundert kam es vermehrt zu Vorwürfen, dass sich die Deutschen nicht genügend integrierten und die Brasilianer sprachen von einer „deutschen Gefahr“ und von deutschen „Zysten“.
Gründe für die Einwanderung
Für die Einwanderung nach Brasilien gab es unterschiedliche Gründe, doch die meisten Einwanderer flüchteten vor den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Problemen in Europa und hofften auf bessere Lebensbedingungen in der neuen Heimat in Brasilien. Im Zuge der Industrialisierung kam es zu wirtschaftlichen Entwicklungen, die spezialisierte Arbeitskräfte verlangten und Handwerker und Arbeiter aus kleinen Betrieben in den Ruin trieben. Durch den Einsatz neuer Maschinen in der Landwirtschaft verringerte sich auch die Nachfrage nach Arbeitskräften.
waren auch persönliche Motive der Einwanderer ausschlaggebend für die Auswanderung nach Brasilien.
Deutschtumsakteure lehnten Assimilation ab
Ab 1871 bemühten sich Auswanderungs- und Kolonialvereine darum, dass das sogenannte Deutschtum erhalten bleibt, indem die Auswanderer weiterhin die deutsche Sprache, Kultur und Traditionen bewahren. Die Idee dahinter war, dass Deutschland seinen Einfluss in der Welt ausbauen und Absatzmärkte erschließen könnte. Eine Assimilation an das Gastland wurde strikt abgelehnt und das Roden und Kultivieren des brasilianischen Urwalds war lediglich eine „deutsche Zivilisierungsmission“.
Die Politik des Deutschtums wurde meist von nationalistisch eingestellten deutschen Lehrern und evangelischen Pfarrern umgesetzt und durch die Finanzierung deutschsprachiger Schulen vom deutschen Staat unterstützt. Die Bevölkerung mochte die nationalistischen Töne der Deutschen nicht, sodass sie während der beiden Weltkriege als Gefahr für die innere Sicherheit galten. Nach 1945 wurde die Bewahrung des Deutschtums diskreditiert.
Die neue Heimat Brasilien
Doch nicht alle deutschen Einwanderer identifizierten sich mit der Deutschtumspolitik, sondern wollten sich integrieren und nicht als „deutsch“ gelten. Sie assimilierten und integrierten sich in die brasilianische Kultur, lernten Portugiesisch und nahmen die brasilianische Staatsangehörigkeit an. Es fiel insbesondere auf, dass sie sich nach sozialem Status, Bildung, Konfession, Zeitpunkt der Einwanderung und politischer Meinung unterschieden. Die Deutschtumsakteure beklagten immer häufiger, dass die meisten Einwanderer nicht für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren seien. Doch selbst die bürgerlichen Einwanderer bezeichneten sich nicht mehr als Deutsche, sondern Deutschbrasilianer und betonten immer deutlicher ihre politische und kulturelle Verbundenheit mit Brasilien.