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Jiddisch, Jiddischen, Sprachen, Sprachfamilien
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Sprachdilemmas / 23. Februar 2023

Jiddisch: Wie nah ist die Sprache dem Deutschen?

 

Ihnen ist mit Sicherheit bereits aufgefallen, dass einige Sprachen dem Deutschen näher sind und sehr ähnlich klingen. Meist fällt einem spontan das Niederländische oder Flämische ein, doch es gibt auch Sprachen, an die wir nicht gleich denken, z. B. das Jiddische. Bei genauerer Betrachtung nutzen wir sogar im alltäglichen Sprachgebrauch viele Begriffe aus dem Jiddischen.

 

Der nachfolgende Artikel fokussiert sich dabei auf die Sprache, die dem Deutschen am nächsten steht und von rechts nach links geschrieben wird. Wer einmal den Koran oder einen Manga aufgeschlagen hat, wird feststellen, dass diese von rechts nach links und von hinten nach vorne gelesen werden.

Die Sprachfamilie, der die deutsche Sprache weitestgehend angehört, ist die indogermanische oder indoeuropäische Sprachfamilie, der rund 3 Milliarden Muttersprachler angehören. Die indoeuropäischen Sprachen werden unterteilt in germanische, romanische, slawische und andere Sprachfamilien.

Doch welche lebende germanische Sprache schreibt man von rechts nach links, die dem Deutschen am nächsten ist? Die Antwort lautet Jiddisch.

 

Welchen Ursprung hat Jiddisch?

Jiddisch entwickelte sich aus dem mittelalterlichen Deutsch und ist seit dem 11. Jahrhundert die alltägliche Sprache der aschkenasischen Juden im deutschen Sprachraum. Im Laufe der Zeit kamen viele hebräisch-aramäischen, romanischen und slawischen Elemente hinzu. Obwohl die Sprache bereits mehrere 1000 Jahre alt ist, gibt es die Bezeichnung „Jiddisch“ erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Aufgrund der Pest und Judenpogromen im deutschen Sprachraum flohen viele nach Osteuropa, wodurch die Sprache mit weiteren slawischen Sprachelemente ergänzt wurde. Im Jahr 1939 sprachen rund 11 bis 13 Millionen Menschen Jiddisch als Muttersprache, wobei die meisten von ihnen in Europa lebten. Heute gibt es nur noch rund 1,5 Millionen Menschen, die Jiddisch sprechen.

 

Warum ist Jiddisch dem Deutschen so nahe?

di klejder

Die Kleider

di klejder in welche du hosst gesen mich -

sej wern kejnmol nischt alt,

mit ale kolirn fun regnbojgn

blien sej in majn schank.

doss lila klejd ssojdet sich mitn grinem

a grinem grosikn ssod,

doss rosa tuljet sich zum geln

un di blumen blien baj sejer sojm.

opgerukt, basunder in a winkl fun majn schank,

di arbl farworfn iber di aksslen -

cholemt fun dir majn bloj klejd.

Die Kleider, die du an mir sahst,

werden nie alt.

In allen Farben des Regenbogens

blühen sie in meinem Schrank.

Das lila Kleid flüstert mit dem grünen

ein grünes grasiges Geheimnis,

das rosa schmiegt sich an das gelbe

mit Blüten am Saum.

Weggeschoben in eine Schrankecke,

die Ärmel über die Schultern gelegt,

träumt mein blaues Kleid von dir.

 

 

In Anlehnung an das Hebräische – eine semitische Sprache, die dem Arabischen verwandt ist – wird Jiddisch von rechts nach links geschrieben. Wortschatz und Grammatik stammen dabei größtenteils aus dem Deutschen und zu einem Bruchteil aus den slawischen Sprachen. Allgemein betrachtet gilt Jiddisch als westgermanische Sprache. Demnach ist Jiddisch keine semitische Sprache wie Hebräisch, selbst wenn sie viele hebräisch-aramäische Einflüsse aufweist. Hinzukommt, dass Jiddisch mit dem hebräischen Alphabet geschrieben wird. Daher ist es leichter gesprochenes Jiddisch zu verstehen als das geschriebene Jiddisch.

 

Vokabular und Grammatik

Die Grammatik des Jiddischen basiert größtenteils auf dem Deutschen und hat wie die deutsche Sprache 4 Fälle und 3 grammatikalische Geschlechter – männlich, weiblich und sächlich – und bestimmten Artikel der, di und doß. Viele Verben, die im Deutschen unregelmäßig sind, sind es auch im Jiddischen, z.B. schrajbn „schreiben“ – geschribn „geschrieben“. Auch die Nennung der Zahlen ist ähnlich, so wird die Einerstelle vor der Zehnerstelle genannt (34 = vierunddreißig), ist auch im Jiddischen (fir un drajßik).

Obwohl viele Wörter aus dem hebräischen und slawischen stammen, ist das Vokabular des Jiddischen zum Großteil deutsch. Die Wörter sheyn meydele „schönes Mädchen“, frum „fromm“, arbeyter „Arbeiter“ und ojgn „Augen“ klingen doch sehr vertraut.

 

Welche Wörter stammen aus dem Jiddischen?

Eine vollständige Liste aller aus dem Jiddischen oder Hebräischen entlehnter deutscher Wörter gibt es auf Wikipedia. Besonders viele Lehnwörter weist dabei der Berliner Dialekt auf, z. B. malochen (arbeiten), Daffke (Trotz, von jiddisch davko), dufte (toll, von jiddisch tov, gut) oder angeschickert (angetrunken, von jiddisch schikur, Trunk).

Die bekanntesten entlehnten Wörter aus dem Jiddischen sind mitunter:

  • Chuzpe
  • Meschugge
  • Tacheles
  • Schlamassel

Abb. 1: Auszug des Wikipedia-Beitrags der Liste deutscher Wörter aus dem Jiddischen.

 

Besuchen Sie unseren Blog auch nächste Woche, wenn wir über Regionale Besonderheiten (Unterschiede bei der Zeitangabe) sprechen werden.

 

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