Mattenenglisch hat im Grunde genommen nichts mit Englisch zu tun; es handelt sich auch nicht um einen Dialekt. Vielmehr handelt es sich um einen beinahe in Vergessenheit geratenen Berner Quartierdialekt – eine Gaunersprache ähnlich dem Rotwelschen im Deutschen. Wir möchten Ihnen diese Sondersprache nun gerne vorstellen. Kennen Sie Begriffe aus dem Mattenenglisch?
Mattenenglisch ist nicht mit dem Englischen verwandt, sondern ist auch eine deutsche Sondersprache. Sie gilt als alter, beinahe in Vergessenheit geratener Berner Quartiersdialekt - eine Gaunersprache, die für die Obrigkeiten nicht verständlich sein sollte. Der Begriff Mattenenglisch geht auf die Matte, eine am Aareufer gelegene Unterstadt, die vom übrigen Bern abgetrennt ist. In dieser Stadt lebten Handwerker, Fischer und Fuhrleute – auch frömdi Fötzle u Vagante, wie man das fahrende Volk in der Oberstadt nannte.
Außerdem brachten Händler und Flößer andere sprachliche Einflüsse aus dem Französischen, dem Jenischen und dem Jiddischen in das Berndeutsche ein. Somit entstand ein eigentümlicher Soziolekt, den man zunächst „Mattenengisch“ nannte, da er in der Mattenenge (die engste Straße des Quartiers) gesprochen wurde. Später wurde es in Mattenglisch geändert.
Entstehung des Mattenenglisch – sozialer Kontext
Durch die Bedingungen des Kanals befanden sich in der Matte früher viele Gewerbetreibende und Schiffsleute. Während der Jahrhunderte reisten viele bis nach Zurzach, wo sich viele Handelsleute, aber auch Gauner befanden. Diese sprachen eine Geheimsprache, das sogenannte Rotwelsch, welches aus Elementen des Hebräischen, der Zigeunersprache*, des Französischen und anderer Sprachen bestand. Die Berner Schiffsleute entlehnten nun aus dem Rotwelschen häufig verwendete Nomen und Verben. Die Pronomen und Partikel wurden jedoch aus dem Berndeutsch beibehalten.
* = Der Begriff Zigeuner ist für Deutsche teilweise problematisch, kann zu Kritik führen.
Besonderheiten des Mattenenglischen
Mattenenglisch ist die Sprache der Gauner und Halunken und deswegen auch eine Geheimsprache, die nicht für jeden und insbesondere für die Obrigkeit nicht verständlich sein sollte. Dabei handelt es sich nicht nur um einen Dialekt mit vielen fremden Begriffen, sondern eine Sprache mit festen Regeln, die auf dem Berndeutschen basiert. Die Mätteler nennen ihr Quartier beispielsweise „Mättu“, wobei die Silben vertauscht werden, am Anfang ein betontes „i“ ergänzt und der Schlussvokal durch ein langes „e“ ersetzt wird: Ittume.
Das Mattenenglisch wird aus den Wörtern des Dialekts wie folgt gebildet:
- Die erste Silbe und der erste Vokal werden an den Schluss gestellt.
- Beginnt die erste Silbe mit einem Vokal, wird ein h eingeschoben und anschließend die Silbe ans Ende gestellt.
- An den Anfang wird ein i gestellt.
- Der letzte Buchstabe (ein Vokal) wird durch ein e ersetzt.
Somit wird Bärn zu Irnbe und chlaue (klauen) zu iuechle.
Sprachliche Beispiele des Mattenenglisch
„Tunz mer e Ligu Lehm!“ – Gib mir ein Stück Brot. Der Satz hat einen griechischen Anfang „Tunz“ von griechisch dos (gib), wobei „Tunz“ auch vom französischen Wort „donner“ abgeleitet sein kann. Der Ausdruck „e Ligu“ geht auf das griechische Wort oligon (ein wenig) oder das hebräische lechem (Brot) zurück, wobei das Wort Ligu sehr an „Laib“ erinnert: „Gib mir ein Laib Brot“. Andere Überlieferungen gehen jedoch davon aus, dass das Wort „Lehm“ (Brot) auch auf das hebräische Wort lechem zurückgeht oder Lehm vom rotwelschen Begriff „Löben“, welches vom Mittelhochdeutschen leip (Brotlaib) abgeleitet ist.
Das Mattenenglisch heute
Mattenenglisch, auch Mattenberndeutsch, ist ein eigener Subdialekt, den es heute aufgrund von veränderten sozialen Verhältnissen im Quartier und in der Stadt nicht mehr gibt. Allerdings haben sich einige Begriffe erhalten und flossen ins Berndeutsche ein, z.B. Gieu (Knabe) oder Chemp (Stein).
Vor allem in der Schülersprache haben sich im Berndeutschen zahlreiche Ausdrücke erhalten. Ein bekannter Begriff ist „e Ligu Lehm“ (ein Stück Brot).
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