Es ist wieder an der Zeit für einen neuen Artikel zu unserer Reihe „Sprachinseln“. Diesmal reisen wir in den Kaukasus und schauen uns an, wie die deutsche Sprache nach Georgien und Aserbaidschan fand. Haben Sie schon mal von den Kaukasiendeutschen gehört? Was wissen Sie über diese Sprachinsel? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar!
Als Kaukasiendeutsche bezeichnet man die deutschstämmigen Einwohner des Russischen Reiches und der Sowjetunion, die sich im Kaukasus ansiedelten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wanderten sie in den Kaukasus nach Georgien, Aserbaidschan und Armenien. Meist handelte es sich bei den Siedlern um Schwaben, die sich in Transkaukasien heimisch fühlten. Die sogenannten Wolgadeutschen siedelten sich im Nordkaukasus an und sprachen einen hessischen Dialekt. Später kamen in diese Region noch bayrische und württembergische Protestanten hinzu.
Zum einen trieb eine große Hungersnot die Schwaben in den Kaukasus, aber auch religiöse Gründe. Als Anhänger des Pietismus glaubten sie, dass im Jahr 1839 Jesus Christus zurückkehren würde und wollten deswegen so nahe wie möglich an der Stadt Jerusalem sein.
Deutsche Siedler in Georgien
Im Jahr 1817 und 1819 reisten rund 2.629 schwäbische Pietisten nach Georgien, die in der Literatur auch häufig als Separatisten bezeichnet wurden. Die ersten Siedler wurden nahe Tiflis sesshaft und bildeten dort 8 Kolonien, die meist Schwabendörfer genannt wurden. Der größte Ort hieß Katharinenfeld mit 5 Fußballmannschaften, einer deutschen Zeitung, einer Grundschule, einer lutherischen Kirche, einem Jagdverein und einer Theatergruppe. Weitere Dörfer waren Marienfeld, Elisabethtal, Alexanderdorf, Freudenthal, Alexanderhilf und Petersdorf.
In Abchasien wurden die Siedlungen Neudorf, Lindau und Gnadenberg gegründet.
Deutsche Siedler in Aserbaidschan
In Aserbaidschan lebten im Jahr 1918 rund 6.000 Kaukasiendeutsche. Die erste deutsche Siedlung in Aserbaidschan entstand im Jahr 1818 und hieß Alt Katharinenfeld. Es folgten Annenfeld und Helenendorf, wobei Letztere die größte deutsche Siedlung in Aserbaidschan wurde. In den Jahren 1888 und 1914 wurden weitere Siedlungen gegründet: Georgsfeld, Alexejewka, Grünfeld, Traubenfeld, Jelisawetinka und Eichenfeld. 1920 kamen Marxowka und Kirowka hinzu.
Die Kaukasiendeutschen heute
In den Jahren 1826 bis 1828 waren die Kolonien vom Krieg mit Persien betroffen und von marodierenden Kurden überfallen.
Nach 1917 nach der Bildung unabhängiger Republiken im Südkaukasus schlossen sich die Deutschen zum Transkaukasischen Deutschen Nationalrat zusammen und nach der Okkupation Georgiens und Aserbaidschans durch die Sowjetunion 1921 wurden die deutschen Siedlungen überwiegend umbenannt:
- Katharinenfeld in Bolnissi
- Marienfeld in Sartischala
- Elisabethtal in Asureti
- Helenendorf in Xanlar
Später in den 1930er Jahren wurden die deutschen Kolonisten im Kaukasus politisch verfolgt und 1935 rund 600 von ihnen aus Aserbaidschan nach Karelien deportiert. In Luxemburg in Georgien wurden 350 verhaftet, verschleppt oder ermordet. 1941 siedelte Stalin alle Kaukasiendeutschen (rund 45.000), die nicht mit einem Einheimischen verheiratet waren, nach Kasachstan und Sibirien um.
In der Nachkriegszeit kehrten nur wenige Kaukasiendeutsche zurück, denn bis 1955 war es ihnen untersagt, Zentralasien und Sibirien zu verlassen. Im Jahr 1991 wurde der Verein „Einung – Assoziation der Deutschen in Georgien“ gegründet, der im Jahr 2000 rund 2.000 Mitglieder zählte.
Weiterführende Links & Quellen
- Rolf Biedlingmaier – Ein Kaukasus-Deutscher erinnert sich
- https://www.evolution-mensch.de/Anthropologie/Kaukasiendeutsche
- Schwaben im Kaukasus
- Edgar Reitenbach & v. M. Florian Hertsch: Deutsche im Kaukasus.
- Paul Hoffmann: Die deutschen Kolonien in Transkaukasien. Reimer, Berlin 1905.
- Daphne Springform: Deutsche in Georgien. Goethe-Institut, Tbilisi 2004.
- Max Baumann und Peter Belart: Die Familie Horlacher von Umiken in Katharinenfeld (Georgien). s. l. s. a.
- Eva-Maria Auch: Öl und Wein am Kaukasus. Deutsche Forschungsreisende, Kolonisten und Unternehmer im vorrevolutionären Aserbaidschan. Reichert, Wiesbaden 2001, ISBN 3-89500-236-4.
- Renate Föll: Sehnsucht nach Jerusalem. Zur Ostwanderung schwäbischer Pietisten (Studien und Materialien des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen; Bd. 23). Tübinger Vereinigung für Volkskunde, Tübingen 2002, ISBN 3-932512-16-2 (zugl. Magisterarbeit, Universität Tübingen 1999).
- Peter Haigis, Gert Hummel: Schwäbische Spuren im Kaukasus. Auswandererschicksale. Sternberg-Verlag, Metzingen 2002, ISBN 3-87785-029-4.
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